Aktuelles aus dem Projekt
29.06.2023 – Abschlusstagung des EFRE-Vorhabens Produktketten aus Niedermoorbiomasse
02.01.2023 – Eine Niedermoor-Paludikultur entsteht
30.05.2022 – Paludikultur in Bad Bederkesa: Wiedervernässte Moore gegen den Klimawandel
04.02.2021 – Bioökonomie in Niedersachsen und Schleswig-Holstein
09.10.2020 – Moor- und Klimaschutz: Baubeginn für die Paludikultur-Pilot-Site
10.09.2020 – Auftakt des neuen Klimaschutz-Projektes "Produktketten aus Niedermoorbiomasse" mit Umweltminister Olaf Lies
Projektbeschreibung
Hintergrund des Vorhabens:
In Deutschland gibt es bereits mehrere Projekte, die sich mit Anbau und Verwertung von Paludikulturbiomasse beschäftigen. In Niedersachsen wird der Anbau von Torfmoosen auf Hochmooren erprobt; Anbau und Verwertung von Niedermoorbiomasse ist dagegen bisher kein Thema im Rahmen von Erprobungsvorhaben gewesen. In Mecklenburg-Vorpommern und Bayern sind Anbau und Verwertung von Niedermoorbiomasse bereits untersucht worden.
Die Nutzung der niedersächsischen Moore für Paludikultur ist derzeit aus mehreren Gründen nicht machbar. Für die Produkte fehlen Absatzmärkte oder der Absatz ist sehr gering. Die Produktketten müssen zum größten Teil neu entwickelt werden. Hinzu kommen Hemmnisse, wie z.B. die für die Paludikultur ungünstigen politischen und förderpolitischen Rahmenbedingungen auf EU-, Bundes- und Landesebene. Des Weiteren sind Anbau und Technik nicht ausgereift. Dementsprechend ist auch die Wirtschaftlichkeit (noch) nicht gegeben. Um Paludikultur realisierbar zu machen, müssen in Zukunft gemeinsam mit den relevanten Akteuren neue Wertschöpfungsketten entwickelt werden.
Innovative Aspekte des Vorhabens:
Die Eignung von Rohrkolben und Schilf (siehe Abbildungen 1 und 2) für Baumaterialien wurde bereits gezeigt. Rohrkolben hat sehr gute Dämmeigenschaften und weist aufgrund des Aerenchyms, einem sehr feinfädigen, offenzelligen Schwammgewebe, eine niedrige Wärmeleitfähigkeit auf. Daneben hat Rohrkolben weitere vielfältige positive Eigenschaften. Noch ist die Technik nicht ausgereift und es besteht noch großer Verbesserungsbedarf. Bisher gab es kein Langzeit-Monitoring, das die Dämmstoffe im Gebäude praktisch prüft. Bisher gibt es keine Brandschutzprüfung und damit auch keine offizielle Zulassung für diesen Baustoff.
Schilf wird zur Dacheindeckung genutzt und wird innerhalb eines bereits existenten Reetmarkts mit hoher Wertschöpfung gehandelt, jedoch wird Schilf derzeit hauptsächlich importiert. Dennoch sind auch in Niedersachsen hohe Deckungsbeiträge möglich. Wesentlich ist, dass mit dem Schilfanbau auf Paludikulturflächen gute Qualitäten erzeugt werden. Dafür ist es erforderlich, ein Flächenmanagement zu entwickeln, bei dem die produktionstechnischen Belange an die ökologischen Belange angepasst werden. Die Wirtschaftlichkeit hängt von der Bestandsentwicklung und den Erträgen ab und soll untersucht werden.
Auch als Substratausgangsstoff und damit als Torfersatzstoff sind Rohrkolben und Schilf potentiell geeignet. In den meisten Substraten des gewerblichen Gartenbaus ist als wichtigster Ausgangsstoff Weißtorf enthalten; dieser ist aufgrund der sehr günstigen Eigenschaften, der Homogenität und des niedrigen Preises derzeit nicht wegzudenken. Der Einsatz anderer Rohstoffe bedeutet bei den meisten Kulturen für Betriebe ein hohes Risiko und höhere Kosten. Eine Substitution durch andere Rohstoffe ist aber dringend erforderlich, da der Einsatz von Weißtorf nicht nachhaltig und der Rohstoff begrenzt ist. Die Entwicklung eines Substrates, das dem Weißtorf hinsichtlich Homogenität, Qualität und Preis entspricht ist höchst innovativ. Dieses Projekt soll einen Beitrag hierzu leisten, indem die Eignung von Rohrkolben und Schilf als Torfersatzstoff untersucht wird.
Im Gegensatz zu anderen Projekten wird in diesem Projekt das Material und die Herkunft sowie die Art und der Zeitpunkt der Ernte genau dokumentiert.
Die Wiedervernässung entwässerter Moore mit anschließender Nutzung als Paludikultur führt im Optimalfall zur Konservierung des gespeicherten Torfes. Es wird postuliert, dass Niedermoorpaludikulturen langfristig zu einem Torfwachstum führen, dies wurde jedoch noch nicht experimentell nachgewiesen. Belastbare THG-Bilanzen für Paludikulturen auf Niedermooren liegen bisher noch kaum vor, insbesondere im Falle von überstauten Standorten. Die Unsicherheiten bei dieser Nutzung sind noch hoch und die Bilanzen standort- und zeitabhängig. Daher sind weitere Untersuchungen notwendig.
Noch größere Unsicherheiten liegen bei der Arten- und Biotopvielfalt vor. Eine Wiedervernässung von trocken gelegten Niedermooren und der Anbau von Typha oder Phragmites können aus Naturschutzsicht durchaus positiv sein, aber Empfehlungen für ein biodiversitätsfreundliches Management von Niedermoor-Paludikulturen fehlen fast völlig, so dass weitere Untersuchungen dringend notwendig sind.
Die Eignung als natürliche Kläranlage wurde bereits nachgewiesen (Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald, 1998 und TUM 2001). Die Durchführung eines Monitorings möglicher positiver wie negativer Auswirkungen auf die Wasserqualität ist notwendig, da in wiedervernässten Niedermooren teilweise sehr hohe Phosphorkonzentrationen gemessen wurden.
Aufgrund der potenziellen Synergien und Konflikte wie beispielsweise zwischen dem Schutz der Röhrichtbrüter oder den Wiesenvögeln, oder der Abwägung zwischen optimalen Wasserständen und CH4-Emissionen ist es auch Zielsetzung des Vorhabens, Grundlagen für eine „gute fachliche Praxis“ beim Anbau von Niedermoor-Paludikulturen zu entwickeln, die die unterschiedlichen Ökosystemleistungen berücksichtigt. Um die Ökosystemleistungen zu honorieren, stehen verschiedene potentielle Werkzeuge zur Verfügung. Die Ökosystemleistungen können als Ökopunkte auf einem Ökokonto als Maßnahmenbevorratung angelegt werden oder über die Produktionsintegrierte Kompensation (PIK) vergütet werden. Beide Varianten sind bei aktuellen bzw. zukünftigen Kompensationsmaßnahmen relevant. Derzeit ist nicht geklärt, ob oder wie Paludikulturen über die Ökopunkte oder über eine Produktionsintegrierte Kompensation (PIK) gefördert werden können.
In diesem Vorhaben werden die ersten Pilotflächen für Niedermoor-Paludikultur in Niedersachsen eingerichtet. Die Pilotflächen entstehen in unterschiedlichen Regionen, so dass regionalspezifische Aussagen getroffen werden können (siehe Abbildung 3). Die Standorte sind entwässerte Niedermoorböden, die teilweise landwirtschaftlich genutzt werden (siehe Abbildung 4). Noch stehen wir am Anfang der Erprobung und insbesondere praxisorientierte Pilotprojekte sind in den folgenden Jahren dringend erforderlich. Forschungsbedarf gibt es in der langfristigen Entwicklung der Bestände. Die Erträge von Niedermoor-Paludikulturen im Feldmaßstab unter typischen hydroklimatischen Bedingungen und Bodenverhältnissen Niedersachsens müssen ermittelt werden. Erntetechnik muss erprobt werden. Auch die Auswirkungen auf den Boden durch die Ernte wurden bisher nicht untersucht.
Anbauversuche und Untersuchungsgebiete des Vorhabens:
In diesem Verbundprojekt werden Anbauverfahren von Rohrkolben-, Schilf- und Rohrglanzgraskulturen auf Niedersächsischen Niedermoorstandorten entwickelt. Hierbei wird das Ziel verfolgt, bei einem hohen Wasserstand Ökosystemleistungen zu erbringen und gleichzeitig einen möglichst hohen Ertrag mit hoher Qualität und Wertschöpfung zu erzielen. Die Versuchsflächen werden im Praxismaßstab angelegt und dienen gleichzeitig Demonstrationszwecken.
Um unterschiedliche Fragestellungen effektiv zu bedienen, werden zwei methodische Ansätze verfolgt:
- Der Anbau in Freilandcontainern
- Der Anbau auf Praxisflächen (siehe Abbildung 3)
Ziele des Vorhabens:
Das Ziel dieses Vorhabens ist die Entwicklung nachhaltiger Produktketten aus Paludikultur-Biomasse von wiedervernässten Niedermoorflächen sowie deren ökologische und ökonomische Bewertung.
Hierzu gehört
- die Erzeugung und Anwendung nachhaltiger hochqualitativer biobasierter Produkte aus Paludikulturen
- die Erhebung von Paxisdaten zum Anbau und Etablierung ausgewählter Kulturen auf Standorten in Niedersachsen.
- die Bewertung von Ökosystemleistungen
- die neue Wertschöpfung von vernässten Moorflächen
Durch die Etablierung von Paludikulturen auf Niedermoorstandorten in Niedersachsen sollen folgende Ziele in Bezug auf Ökosystemleistungen erreicht werden:
- Reduktion von Treibhausgasemissionen aus Niedermoorböden, Minderung der Methanemissionen bei Überstau sowie Torferhalt
- Wiederherstellung der natürlichen landschaftsökologischen Funktionen als Kohlenstoffsenke, Lebensraum, Nähr- und Schadstofffilter und Wasserspeicher sowie Förderung der Biodiversität
Damit werden technische und wirtschaftliche Anbauhemmnisse beseitigt und Wege zur Förderung der Vermarkung für die erzeugten Produkte gefunden.
Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald 1998: Sanierung eines Niedermoores mittels Anbau von Schilf als nachwachsendem Rohstoff unter Verwendung gereinigter kommunaler Abwässer, Projektkennblatt der Deutschen Bundesstiftung Umwelt
TUM 2001: Rohrkolbenanbau in Niedermooren - Integration von Rohstoffgewinnung, Wasserreinigung und Moorschutz zu einem nachhaltigen Nutzungskonzept, Abschlussbericht zum DBU-Projekt Nr. 10628, Freising-Weihenstephan
Projektkonsortium
Projektträger
Projektträger dieses Projekts ist der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz.
Gefördert durch
Das Projekt wird gefördert mit Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) Programmgebiet Stärker entwickelte Region (SER) und des Landes Niedersachsen und leistet einen Beitrag zur Umsetzung des Programms „Niedersächsische Moorlandschaften“.
Laufzeit
2019 - 2023
Ansprechpartner
+49 5951 989318Dr. Colja Beyer
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