Oldenburg / Ganderkesee. Niedersachsen ist Moorland Nummer eins. Der größte Teil dieser organischen Böden wird inzwischen landwirtschaftlich genutzt, indem die Flächen entwässert wurden, mit der Folge hoher Treibhausgasemissionen und teils starker Bodensackungen. Um unsere Klimaschutzziele in Deutschland zu erreichen, sollen laut der kürzlich geschlossenen „Bund-Länder-Zielvereinbarung zum Klimaschutz durch Moorbodenschutz“ bis 2030 die jährlichen Treibhaus-Emissionen aus organischen Böden bundesweit um fünf Millionen Tonnen Kohlendioxid-Äquivalente gesenkt werden. Doch wie können wir in Niedersachsen zu diesem ambitionierten Ziel unseren Beitrag leisten? Im Verbundvorhaben „Produktketten aus Niedermoorbiomasse“ untersucht ein Projektkonsortium seit zweieinhalb Jahren, wie Niedermoorböden weiterhin landwirtschaftlich genutzt werden können und gleichzeitig Boden, Klima, Arten und Wasser geschützt werden können: Z.B. durch den Anbau von standortgerechtem Rohrkolben (Typha) auf wiedervernässten Niedermoorböden und die Produktion von Baustoffen aus diesem nachwachsenden Rohstoff.
1) Der „Energieeffizienzprüfstand“ auf dem Campus der Jade Hochschule Oldenburg
In den Gefachen (Raum zwischen den Holzbalken einer Wand aus Holzfachwerk) des kürzlich errichteten „Energieeffizienzprüfstands“ auf dem Campus der Jade Hochschule in Oldenburg sind neben konventionellen Dämmstoffen auch Bau- und Dämmmaterialen aus Rohrkolben verbaut worden. Hierfür hat das Fraunhofer Institut für Bauphysik, gemeinsam mit der Firma Typha Technik einen Einblasdämmstoff und eine Dämmstoffplatte entwickelt, welche am Standort Oldenburg durch das Institut für Materialprüfung im Einbauzustand erprobt bzw. geprüft werden. In drei Aussparungen in der Nordwand des Testgebäudes wurden folgende Bauteilkonstruktionen eingesetzt: ein Gefach aus Typhaboard als Vollmaterial und zwei Gefache mit unterschiedlichen Typhaschüttungen als Dämmstoff mit und ohne Lehmputz.
Im Labor wurden bauphysikalische Eigenschaften ermittelt und am Reallabor überprüft. Mit diesen Untersuchungen wird die Marktreife des Bauprodukts erprobt. Das Gebäude wird von der Jade Hochschule als Seminarraum für Veranstaltungen und Vorlesungen genutzt. Durch eingebaute Messfühler für Temperatur und Luftfeuchte sowie Wärmestrom wird ein permanentes Monitoring vorgenommen. Die erhobenen Daten werden von Prof. Dr.-Ing. Heinrich Wigger und seinen Mitarbeiter:Innen vom Institut für Materialprüfung in Oldenburg sowie von Prof. Dr.-Ing. Martin Krus vom Fraunhofer Institut für Bauphysik ausgewertet. Mit den aufgezeichneten Messdaten wird der Wärme- und Feuchtetransport mithilfe von hygrothermischer Simulationssoftware nachgestellt und die Dauerhaftigkeit der Baukonstruktion untersucht. Mithilfe der Software und der durchgeführten Messungen werden so Laborergebnisse und Simulationsergebnisse mit den in-situ-Messungen
verglichen bzw. verifiziert, um so die eingebauten Dämmstoffe auch auf andere Projekte abstimmen zu können. Durch Prof. Jens-Uwe Schulz der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe wird neben dem Tragverhalten der Platten auch die Ökobilanzierung des angehenden Bauprodukts ermitteln.
Für weitere Informationen verweisen wir auf die vollständige Presseinformation Produktketten aus Niedermoorbiomasse
Weitere Informationen zu dem Vorhaben und zu Paludikulturen allgemein unter: www.paludikultur-niedersachsen.de/