Zu seiner vierten Sitzung kam der Projektbeirat der Kompetenzstelle Paludikultur in Niedersachsen dieses Mal im Europäischen Fachzentrum Moor und Klima in Wagenfeld zusammen. Über 20 Mitglieder aus Ministerien, Fachbehörden, Verbänden, Vereinen, Forschungseinrichtungen und Firmen informierten sich über die aktuellen Entwicklungen der Paludikultur in Niedersachsen und die umfassenden Ergebnisse der nunmehr zweijährigen erfolgreichen Projektarbeit. Der Beirat übernimmt die fachliche Beratung der Kompetenzstelle und trägt zur Vernetzung mit anderen Gremien und Projekten bei.

Flächenbegehung
Flächenbegehung

Projektkoordinater Colja Beyer stellte eingangs die Entwicklung in zwei niedersächsischen Pilotvorhaben zu Paludikulturen vor (Interreg-Projekt BioÖkonomie - Grüne Chemie und EFRE-Projekt Produktketten aus Niedermoorbiomasse) und berichtete über den Stand der niedersächsischen Flächenpotentialanalyse.

Das theoretische Flächenpotential ist demnach sehr hoch in Niedersachsen. Die meisten landwirtschaftlich genutzten Moorböden in Niedersachsen liegen außerhalb von Naturschutzgebieten, Natura 2000-Gebieten und Landschaftsschutzgebieten. Allein ackerbaulich genutzte Niedermoor- und Hochmoorböden außerhalb der Schutzgebiete nehmen jeweils über 20.000 ha ein. Beim Grünland liegen die Flächengrößen mehr als doppelt so hoch. Hinzu kommen Flächen in Schutzgebieten, die unter Auflagen nutzbar wären. Das Treibhausgasemissionsminderungspotential ist dementsprechend hoch. Es wurden drei Szenarien durchgerechnet. Je nach Szenario liegt das Reduktionspotential auf den landwirtschaftlich genutzten Moorböden zwischen 5,4 Mio. und 6,1 Tonnen CO2-Äquivalenten pro Jahr, was ungefähr 5,4 bis 6,1 % der gesamten Treibhausgasbilanz des Landes Niedersachsen entspricht. Das tatsächlich nutzbare Potential dürfte allerdings weitaus geringer ausfallen, unter anderem, weil viele Flächen vermutlich nicht mehr vernässbar sind. Auf der anderen Seite gibt es viele Flächen in Niedersachsen auf Moorboden, die nicht berücksichtigt wurden, da sie z.B. brach liegen. In einem nächsten Schritt wird das Biomasse-Potential und die Produktionsmengen berechnet sowie eine Schwerpunktanalyse durchgeführt.

Das Interreg-Projekt BioÖkonomie - Grüne Chemie ist vor allem ein grenzüberschreitendes Netzwerkprojekt und es konnten bereits erfolgreich niederländische und deutsche Akteure zusammengebracht werden und der Aufbau von Produktketten aus Paludikulturbiomasse in Gang gebracht werden. Unter anderem konnte das 3N Kompetenzzentrum gemeinsam mit Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft ein Einblasdämmstoff aus Rohrkolben entwickeln und testen. In einem nächsten Schritt werden Anfang 2020 zwei Dämmstoffe aus unterschiedlichen Regionen in einem Testgebäude verbaut und einem wissenschaftlichen Langzeitmonitoring unterzogen.

Desweiteren wurde über die Aktivitäten in der Netzwerkarbeit, der Wissensvermittlung und der Öffentlichkeitsarbeit berichtet. Umgesetzt wird vom 3N Kompetenzzentrum Niedersachsen Netzwerk Nachwachsende Rohstoffe und Bioökonomie e.V. derzeit der Aufbau einer niedersächsischen Paludikultur-Plattform, einer öffentlich zugänglichen Datenbank und Informationsstelle, die von Alex Siedentopp vorgestellt wurde. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zeigten hieran großes Interesse und beteiligten sich rege an der Diskussion.

In der Mittagspause gab es die Möglichkeit sich die Ausstellung des Europäischen Fachzentrums anzusehen. Am Nachmittag fand eine Exkursion zu dem Versuchsschilfpolder in der Gemeinde Bohmte südlich des Dümmer-Sees statt. Die Anlage besteht aus zwei 0,5 ha großen Schilfpoldern in einem Niedermoorgebiet. Die bereits bestehenden Polder will die Kompetenzstelle Paludikultur künftig für verschiedene Untersuchungen nutzen.

Die Kompetenzstelle Paludikultur im 3N Kompetenzzentrum ist die zentrale Informationsstelle für Paludikultur in Niedersachsen. Projektträger der Kompetenzstelle ist der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN). Das Projekt hat zum Ziel, die Paludikultur als eine moor- und klimaschonende Alternative zur bisherigen land- und forstwirtschaftlichen Nutzung von Moorböden bekannt zu machen und zu fördern. Insbesondere sollen rechtliche und technische Anbauhemmnisse beseitigt und Wege zur Förderung der Vermarkung für die erzeugten Produkte gefunden werden.