Biomasse aus Paludikultur kann als Rohstoff für die Herstellung von Substraten und Erden verwendet werden. Das Ziel ist, Torf zum Teil oder komplett zu ersetzen. Derzeit werden Versuche mit Torfmoosen sowie mit Rohrkolben und Schilf durchgeführt. Das Forum „Nachhaltiger Torfersatz aus nachwachsenden Rohstoffen für den Gartenbau" gegründet am Niedersächsischen Landwirtschaftsministerium, bietet Akteuren aus allen Bereichen - dem Gartenbau, der Land- und Forstwirtschaft, der Wissenschaft, der Wirtschaft sowie Vertretern von Verbänden und Behörden - eine Austausch-Plattform: Niedersächsisches Torfersatzforum.

Das Informationsnetzwerk Hortigate informiert über aktuelle Erkenntnisse und Entwicklungen zu allen Torfersatzstoffen, also nicht nur Torfersatzstoffe aus Paludikulturen. Über dieses Netzwerk können sich Akteure austauschen.

Auf der Rhodo 2018 in Westerstede haben die Kompetenzstelle Paludikultur, das Interreg-Projekt CANAPE und das Projekt "Nachhaltige Erden" einen Gemeinschaftsstand aufgebaut, um die Besucher der Messe über torffreie oder torfreduzierte Gartenbausubstrate zu informieren.

Gemeinsamer Informationsstand
Gemeinsamer Informationsstand© 3N Kompetenzzentrum

Torfmoose:

Erste Ergebnisse zeigen, dass Torfmoose grundsätzlich als Ausgangsstoff für Gartenbausubstrate geeignet sind. Versuche an Topfazaleen ('Sachsenstern'), Erica gracilis und Gaultheria procumbens zeigten bei allen drei Gattungen bei einer Zugabe von 50% Torfmoos nahezu gleiche pflanzenbauliche Ergebnisse wie reines Weißtorfsubstrat. Bei einem Gehalt von 100% Torfmoos kann es bei Kulturen mit längerer Standzeit, z.B. eineinhalb Jahren, zu einer Sackung und zu Wachstumsproblemen kommen. Zudem müssen die Gießintervalle und Düngungsmaßnahmen entsprechend angepasst werden.

Bei Orchideen ist Torfmoos aufgrund der besonderen Ansprüche schon heute ein begehrter Substratausgangsstoff. Die Vorstellung, Torfmoos als generelles Kultursubstrat einzusetzen ist dagegen neu.

Die physikalisch-chemischen Eigenschaften von Sphagnum-Frischmasse und Hochmoortorfen sind weitgehend übereinstimmend. Insbesondere haben beide Stoffe einen geringen pH-Wert, geringe Nährstoffgehalte, eine sehr gute Wiederbenetzbarkeit, eine hohe Wasserspeicher- und Luftkapazität, ein sehr geringes Volumengewicht sowie eine geringe Stickstoffimmobilisierung. Sphagnum-Frischmasse hat eine bakterizide und fungistatische Wirkung. Andere Zuschlagstoffe wie bspw. Holzfaser oder Kompost haben einen höheren pH-Wert.

Laut IVG [5] bestehen Gartenbausubstrate in Deutschland derzeit zu 80% aus Torf. Andere Rohstoffe für die Herstellung von Gartenbausubstraten nehmen nur einen kleinen Teil ein. Das Potential für andere, nachhaltige Rohstoffe ist also sehr hoch.

Die abgebauten Torfmengen in Deutschland nahmen in den vergangenen Jahren kontinuierlich ab. Im Jahre 2015 wurden noch ca. 3 Millionen m³ Torf abgebaut. Die importierten Mengen nahmen demgegenüber dementsprechend zu. Inzwischen wird mehr als die Hälfte des inländischen Bedarfs des Rohstoffs für gärtnerische Substrate und Blumenerden durch Importe gedeckt. Daher sind nachhaltige Alternativen gefragt. Zurzeit werden in Deutschland ca. 9 Mio. m³ torfhaltige Substrate produziert. Ungefähr 56 % finden Anwendung im professionellen Gartenbau (IVG).

Für den ganz überwiegenden Teil der Abbauflächen wurde in der Torfabbaugenehmigung die Wiedervernässung als Ersatzmaßnahme für den Eingriff Torfabbau festgeschrieben. Es gibt aber auch Abbauflächen, auf denen die Torfabbaugenehmigung noch andere, nicht natur- und klimaschutzkonforme Folgenutzungen zulässt.

Abgetorfte Flächen stehen grundsätzlich dann für den Sphagnum Anbau zur Verfügung, wenn die Torfabbaugenehmigung eine nicht natur- und klimaschutzkonforme Folgenutzungen zulässt.

Diese Flächen könnten einen gewissen Anteil der Nachfrage nach Weißtorf in Deutschland decken, sofern genügend Diasporen für den Torfmoosanbau vorhanden wären.

Ein größeres Flächenkontingent steht allerdings auf den bisher landwirtschaftlich genutzten Hochmoorflächen zur Verfügung. In Folge fortschreitender Höhenverluste durch Sackung und Moorzersetzung werden dort die hydrologisch günstigen Weißtorfe verschwinden (DGMT 2016). Ohne grundlegende Meliorationsmaßnahmen erreichen viele dieser Hochmoorstandorte in den nächsten Jahrzehnten die Grenzen ihrer landwirtschaftlichen Nutzbarkeit. Auf diesen Standorten wäre Paludikultur eine Alternative.

Der Anbau auf 35.000 ha der insgesamt 110.000 ha Hochmoor-Grünland- und Ackerflächen in Niedersachsen würde genügend Sphagnum Biomasse hervorbringen, um den Bedarf an Weißtorf für Substrate und Erden komplett zu decken.

Um Torfmoos als Gartenbausubstrat zu nutzen, sind mehrere Schritte zur Aufbereitung notwendig, die teilweise noch in der Erprobung sind:

Separation:

Je nach Nutzung sollte das Material frei von Fremdstoffen sein. Eine Trennung von Fremdstoffen könnte z.B. durch Absieben erfolgen.

Trocknung:

Für die Trocknung kommen verschiedene Methoden in Frage:

  • Auf Stapeln: Die Sphagnum Biomasse wird im Herbst geerntet und über Winter in kleinen Haufen gelagert. Im anschließenden Frühling erfolgt die Trocknung in Stapeln im Moor
  • Auf dem Boden: Die Sphagnum Biomasse wird auf Betonboden ausgebreitet und in der Sonne getrocknet
  • Im Lufttrockner einer Biogasanlage: Die Torfmoose sind bereits nach zwei Tagen trocken. Der Nachteil ist, dass die Torfmoose aus dem Trockner herausgenommen und von Hand gewendet werden müssen
  • Conveyor dryer: Am besten kann der Trocknungsprozess in einem „conveyor dryer“ gesteuert werden. In dünnen Lagen sind die Moose nach ein oder zwei Tagen trocken
  • Auspressen der Torfmoose

Der optimale Feuchtigkeitsgehalt ist noch nicht bekannt. Er ist aber vor allem von der Nutzung des Materials und dem Transport abhängig.

Hygienisierung:

Das Erntematerial enthält Samen und Pflanzenteile, die auskeimen bzw. austreiben können, dies kann zu einer Verunkrautung in der Kultur führen. Das muss verhindert werden, da das Material nicht für den Einsatz als Gartenbausubstrat geeignet wäre. Als beste Option hat sich die Dämpfung erwiesen. Hierfür kann eine vapour treatment facility genutzt werden. Eine andere Möglichkeit ist die Sterilisation mit Gammastrahlen.

Fraktionierung:

Für die Vermarktung sind einheitliche Verkaufseinheiten notwendig. Diese können durch Zerschneiden und Sieben hergestellt werden. Eine Volumenbestimmung sollte anschließend durchgeführt werden.

Lagerung:

Die Lagerung der Torfmoose sollte nicht zu nachteiligen chemischen, biologischen und physikalischen Veränderungen, z.B. der Änderung von Nährstoffgehalten, führen. Hier konnten bisher gute Ergebnisse erreicht werden.

Mischung:

Je nach Nutzung müssen die Torfmoose ggf. mit anderen Substratrohstoffen, wie z.B. Weißtorf gemischt werden.

Rohrkolben, Schilf:

Neben Torfmoos gibt es weitere nachwachsende Rohstoffe für die Herstellung von Gartenbau-Substraten und Erden. Aus Paludikultur können Rohrkolben und Schilf verwendet werden. Zu den Aufbereitungsverfahren gehören:

  • Zerkleinerung
  • Zerfaserung
  • Fraktionierung / Siebung
  • Hygienisierung (Dämpfung)
  • Kompostierung
  • Mischung

Da es kaum Kenntnisse und Erfahrungen gibt, werden zurzeit Forschungs- und Entwicklungsvorhaben durchgeführt.

Die Paludikulturbiomasse aus Niedermooren kann auch durch pyrolytische Verkohlung oder hydrothermaler Carbonisierung (HTC) zu Biokohle verarbeitet werden. Diese könnten als Gartenbausubstrat-Rohstoffe, Bodenverbesserungsmittel oder Aktivkohle verwendet werden. In Böden eingesetzt dienen sie zusätzlich als Kohlenstoffspeicher. Allerdings können wachstumshemmende Stoffe auftreten, was für den pflanzenbaulichen Einsatz wieder von Nachteil wäre.

  1. Ueber und Gaudig (2014): Azerca-Kulturen: Torfmoos als Substratbestandteil geeignet, Taspo Nr. 19
  2. Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz (2016): Programm Niedersächsische Moorlandschaften - Grundlagen, Ziele, Umsetzung
  3. Wichmann et al. (2017): Establishing Sphagnum cultures on bog grassland, cut-over bogs, and floating mats: procedures, costs and area potential in Germany, Mires and Peat, Volume 20, Article 03, 1–19
  4. Graf et al. (2017): Torfmooskultivierung auf Schwarztorf: ein neues Forschungsprojekt in Niedersachsen, Sphagnum farming on strongly decomposed peat: a new research project in Lower Saxony, Telma, Band 47, 109-128
  5. Kumar (2017): Sphagnum moss as a growing media constituent: some effects of harvesting, processing and storage, Mires and Peat, Volume 20, Article 07, 1–11